ich möchte euch gerne an der technischen Überholung meines 1966 C Code Coupe teilhaben lassen.
Ich nenne es bewusst keine Resto, da eine Resto für mich einen ganz anderen Anspruch an optische Qualität hat als ich es gemacht habe


Warum eine technische Überholung?
Weil es diverse Sachen gab, die immer wieder angepackt/aus- oder abgebaut werden mussten um an ein bestimmtes Teil zu kommen. Dieser ständige Kollateralaufwand nur um an ein Teil zu kommen hat mich echt genervt

Ich hatte einfach keine Lust mehr sich jede zweite Woche um ein anderes Problem kümmern zu müssen.
Wichtig vorab:
Ohne die Hilfe anderer hätte ich das nicht geschafft, daher möchte ich mich erstmal bedanken.
Allererster Dank gilt meiner Frau, die mich ohne Murren und Knurren von Oktober bis März, abends nach dem Ins-Bett-bringen meiner Kleinen (das war meine eigene Regel: Family first), 200-300 Stunden diesen Winter unseren Mustang machen ließ. Das ist nicht selbstverständlich

Dann gilt besonderer Dank auch Michael (mikul74), Abudi, Heiner und Michael (68GT500).
Michael (mikul74), Abudi und Heiner durfte ich ständig mit Fragen kontaktieren und habe bei jeder Frage eine unkomplizierte, freundliche und hilfreiche Antwort bekommen. Egal wie „dumm“ ich gefragt habe. Ohne euch – No Way, hätte ich nicht geschafft. Auch Michael (68GT500) hat mir bei jeder gestellten Frage toll geholfen! Danke an euch!
Hier findet sich ein ganz bestimmtes Sprichwort wieder:
Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus!
Das hat sich bewahrheitet, und wenn man einfach nur freundlich und höflich fragt, hat noch niemand „Nein“ gesagt.
Was war der Auslöser der technischen Überholung?
2017 war das Jahr der Bremse für mich. Nach dem Umbau von original Einkreis auf Zweikreis mit BKV (hat mir der Händler aufgeschwatzt und ich natürlich noch unwissend: „Jaaa klar, das muss sein“) habe ich wieder auf Original Einkreis zurückgerüstet. Grund war, dass ich auf Bergabstrecken nicht immer genügend Vakuum zur Verfügung hatte und es teilweise echt unangenehm knapp wurde. Da der Motor aber sauber lief und kein Vakuumleck aufzufinden war, habe ich den verfügbaren Unterdruck akzeptiert.
Nun, Rückrüstung erfolgreich absolviert, aber dann kam das Folgeproblem. Trotz guter Bremswerte hatte ich folgende Reihenfolge der Blockierung: RH -> LH ->LV+RV
Saugefährlich, nach einer Testfahrt direkt von der (unbefahrenen) Straße abgeflogen. Gottseidank nichts passiert.
Ich habe herausgefunden, dass hinten falsche Bremszylinder verbaut waren. Es waren die Zylinder für den 66er ab März, nicht gleich dem gebaut 11/1965. Somit stand ein Tausch an. Heißt wieder alles ab. Und hier schließt sich langsam der Kreis. Das Bremssystem wurde viermal zerlegt und am Ende der Fehler noch immer da.
Die Entscheidung stand also fest – es wird alles gemacht.
Ich möchte euch aber keine Schritt-für-Schritt Anleitung erzählen wie man was macht, denn das wurde hier im Forum bereits vielmals in besserer Form gemacht.
Daher…..was kann ich euch mitteilen was interessant und für den ein oder anderen wichtig sein könnte? Ich will euch ja auch etwas zurückgeben nachdem ich so viele Infos aus dem Forum ziehen durfte. Also will ich euch meine Erfahrungen mitteilen, auf was ihr achten solltet, welche Werkzeuge bzw. Geräte ausreichend sind, welche Kreativität manchmal Material ersetzt, usw.
Auch schreibe ich wie man einen dummen Fehler wieder ausbügeln kann…
Fotos:
Macht unbedingt von allen Teilen die ihr anfasst aus jeder Perspektive Fotos. In Zeiten der Smartphones überhaupt kein Problem mehr.
Je besser ihr vorher dokumentiert, desto leichter geht er Zusammenbau vonstatten.
Flüssigkeiten:
Nehmt eine alte Wäschewanne und bohrt relativ weit oben in der Ecke ein Loch. Die Wanne passt super unters Auto und durch das Loch könnt ihr die Flüssigkeiten gut in leere Wischwasserfrostschutzbehälter kippen. Freundliche Werkstätten nehmen euch das zur Entsorgung auch mal kostenlos ab.
Dreck entfernen / Unterboden und Motorraum reinigen:
Oh Gott war mein Stang voller Dreck

Der musste natürlich weg. Glücklicherweise war keine Unterbodenpampe drauf, sondern eben nur Dreck. Die Beseitigung alleine kostete mich ca. 20-30 Stunden.
Zu Anfang versuchte ich mein Glück mit Teufel Universalreiniger. Ohne großen Erfolg. Mit Plastikschaber, großen Plastikborstenbürste und Zahnbürste bewaffnet ging es schleppend voran.
Was wirklich einen Push nach vorne brachte, war der Reiniger WICOREIN 1916 von WILKE Kühlschmiertechnik. Diesen Reiniger habe ich von „Markus nie um einen Spruch verlegen Bernhardt“ kennengelernt während des 11. Getriebeworkshops.
Der Reiniger per Schwamm aufgetragen lässt verkrusteten Schmutz relativ leicht entfernen. Als Schwamm habe ich einen Küchenschwamm verwendet – für die hartnäckigen Stellen eben die Scheuerseite.
ACHTUNG: WICOREIN 1916 greift zwar keinen Lack an (was echt cool ist) aber löst Gummi nach längerer Einwirkzeit an. Festgestellt habe ich das bei meinen Spülhandschuhen. Nach ca. 1,5-2 Stunden hingen die Handschuhe in Fetzen. Wer also nicht will, dass sich Gummi zu lösen beginnt, der wischt den Reiniger einfach weg. Ich habe trocken darüber gewischt – keine weiter Reaktion/ Lösung seither festgestellt. Sandstrahlkabine:
Ich hatte einige Teile zum Strahlen. Darunter Gusskrümmer, Lüfter, Equalizer Bar der Handbremse, Stoßstangehalterungen, Zugstrebe Querlenker, Einschlagwinkelbegrenzer, Power Cylinder Mounting Bracket, Bremsankerplatten vorne, Riemenscheibe am Harmonic Balancer, Halterungen für Alternator und Servopumpe, und viele weitere Kleinteile.
Bevor ich alles per Hand abschleife oder alles einer Firma fremd vergebe, habe ich mir die China-Sandstrahlkabine 220 Liter von eBay geholt
Nach einer Aufbauzeit von ca. 4 Stunden stand das Ding und machte einen ordentlichen Eindruck. Bis auf 4 Löcher hat alles perfekt gepasst, die 4 besagten Löcher mussten nur etwas bestimmter übereinander gedrückt werden damit die Schrauben durch passen.
Wichtig beim Aufbau ist die Verwendung von Silikon oder Karosseriedichtmasse an jeder Verbindung die von der Kabine nach außen führt. Ich habe Silikon verwendet und es hat gut geklappt. Kabine war im Betrieb dicht.
Als Strahlmittel (man konnte zwischen Glasperlen und Glasgranulat als 25kg Zugabe wählen) wählte ich Glasgranulat. Es trägt nicht zu viel Material (also vom Metall) ab, aber schafft aufgrund seiner Splitterform eine rauhere Oberfläche als die eher polierend wirkenden Glasperlen. Für die anschließende Lackierung ist eine gewisse Mindestrauhigkeit des Teils ja wünschenswert.
Als Kompressor habe ich den GÜDE Kompressor 401/10/50 N verwendet. Dieser ist ausreichend, läuft aber bei Dauerstrahlen auch dauernd durch. Druckluftversorgung reicht aber für ein gutes und schnelles Ergebnis aus.
Ein 40 Liter Eimer wurde auch schnell zum Zyklon (Abscheider) umfunktioniert. Vom Dust Port der Strahlkabine gehe ich mit einem Schlauch (ich habe einen alten Staubsaugerschlauch genommen, da die Rillen im Schlauch bereits ein netter Staubimpaktor sind) und das andere Ende auf ca. halber Höhe horizontal zum Eimer seitlich eingeführt (Loch schneiden und in waagrecht per Klebeband in die Kreisform des Eimers fixieren). Dann mittig ein Loch passend zum Absaugschlauch des Staubsaugers schneiden und den Schlauch oben für 1-2 cm (nicht bis unten) einführen. Die Stellen mit Paketklebeband fixieren reicht. Klar kann man Heißkleber oder Silikon verwenden, aber man kann auch die Kirche im Dorf lassen.
Staubsauger einschalten – Zyklon ist betriebsfertig.
Zwei wichtige Dinge:
1. Verwendet (falls nötig) eine Mehrfachsteckdose die für hohen Stromverbrauch geeignet ist. 2,2 KW Kompressor + 2 KW Staubsauger lassen ein normales Kabel ganz schnell ganz warm werden und zerstören den Kippschalter der Mehrfachsteckdose.
2. Erdet die Strahlkabine. Durch das Beschießen des Metalls mit Glasgranulat entsteht eine Aufladung und gibt euch regelmäßig kleine Stromstöße.
Siehe auch Forumsbeitrag hier:
viewtopic.php?f=10&t=24273&p=270304&hil ... de#p270304
Der dumme Fehler und seine Behebung:
Trennt einen unteren Querlenker niemals mit einem Hammer vom Traggeglenk. Ganz ganz dumm

Ich hatte keinen Abzieher und dachte „probier mas mal“… Ende vom Lied war, dass das Gewinde des Kugelgelenks vom Lower Control Arm überhalb des Splintlochs verbogen war.
Super, ein paar Monate altes Moogteil zerstört.
Nicht ganz. Denn das Gewinde war nur oberhalb des Lochs verbogen. Da brauch ich kein Gewinde. Also Dremel genommen und Gewinde über dem Loch soweit weggeschliffen, dass die Mutter wieder gerade aufgedreht werden konnte.
Gewinde gerettet, LCA gerettet.
Lektion gelernt: Nie wieder ohne Abzieher.
Das Bremstrommelinnendurchmessermessgerät:
Wie eingangs geschrieben war eines der auslösenden Probleme das Bremsverhalten. Also musste ich den Innendurchmesser der Bremstrommeln herausfinden. Klar kann man das mit einer entsprechend langen Schieblehre machen…sofern man eine entsprechend lange hat.
Hatte ich nicht. Also erstmal mit ‘nem Holzstück probiert, drüber legen, mit Bleistift oder durch anritzen mit Cutter markieren und ausmessen. Ja, war ganz OK, aber nicht wirklich genau. Und wenn man bedenkt, dass das erlaubte Durchmessermaximum 10.030“, bzw. 25,476 cm ist, sollte es schon genau werden. Ich war nämlich ziemlich weit am Maximum angelangt, teilweise über Maximum gemessen.
Also nahm ich zwei längere und eine kurze Gewindestange, zwei entsprechende Gewindehülsen und hab sie folgendermaßen verschraubt: Lang-Hülse-Kurz-Hülse-Lang. Die Enden habe ich spitz angeschliffen. Jetzt hatte ich eine „Drehlehre“ die ich auf den Bremstrommelinnendurchmesser anpassen konnte. Diese Länge habe ich dann auf ein Blatt Papier übertragen und konnte es abmessen.
Welche Schraube war nochmal wo?
Vor dieser Frage hatte ich etwas „Angst“ als ich die Wasserpumpe und Steuerkettengehäusedeckel abgebaut habe. Also habe ich ein entsprechend großes Stück Karton genommen und die Umrisse, sowie die Position der Schrauben von Wasserpumpe und Steuerkettengehäusedeckel abgezeichnet und dann einfach Schraube für Schraube dort in den Karton hineingesteckt wo ich sie am Original herausgedreht hatte.
Das erleichtert die Zuordnung der Schrauben am Ende enorm.
Motorständer und Balancer:
Beides habe ich für kleines Geld(65€) aus eBay. Ich habe diesen auf 900Kg ausgelegten Ständer gekauft: Der Balancer war dieser hier (auch aus eBay für 20 €): Der Motorständer an sich war echt stabil – einzig die Montageplatte und seine Tragarme waren etwas unterdimensioniert. Der Block hing leicht nach unten, aber hat das Gewicht ausgehalten. Der Balancer hat sehr gut funktioniert, allerdings waren die Ketten zu kurz, als dass ich alle vier am Block anschrauben konnte. Also habe ich den Balancer mit Kletterseilen verlängert und am Krümmer befestigt. Hat super funktioniert.
C4-Ölwanne:
Ich habe die C4-Ölwanne erst auf den dritten Anlauf dicht bekommen.
Kleine Anleitung verschiedener Methoden und ein paar Tipps hier:
https://mustang-inside.de/viewtopic.php?f=67&t=28844
Naja, erstmal fällt mir nicht mehr erwähnenswertes ein.
Wie eingangs erwähnt wollte ich keinen Restaurationsbericht schreiben, sondern bei dem ein oder anderen Thema eine Erfahrung und bestimmte Lösungsansätze beschreiben.
Sollte mir noch etwas einfallen werde ich das noch nachliefern

Schlussendlich kann ich sagen: Eine einzelne Schraube kann einen dazu bringen den Vorschlaghammer packen und alles kurz und kleinhauen zu wollen

Aber….ich kenne jetzt meinen Mustang umso besser und weiß ihn noch mehr zu schätzen als zuvor.
LG Achim